Lilli Koisser

Selbstständige Texterin und Mama: Mein Alltag zwischen Tastatur und Spielplatz

Dies ist ein Gastartikel von Karin Keller-Reinhardt vom abcwerk in der Schweiz. Sie schrieb mich an, nachdem ich die Ergebnisse meiner Umfrage auf Facebook veröffentlichte – und darin der Wunsch geäußert wurde, einen Artikel zum Thema „Selbständigkeit als Mutter“ zu lesen. Da ich dir diesen Wunsch (noch) nicht erfüllen kann, freut es mich umso mehr, dass Karin einen ehrlichen und informativen Gastartikel dazu verfasst hat! Mehr über die Autorin erfährst du am Ende des Artikels.

Es ist 7.30 Uhr und ich sitze mit meinem Laptop auf den Knien im Bett. Neben mir liegt mein 1.5-jähriger Sohn und schläft friedlich.

Ich kann seit zwei Stunden nicht mehr schlafen, weil ich über Kunden, Projekte und Zeitmanagement nachdenke. Ich muss dringend eine Mail an den Grafiker schicken, wir arbeiten gemeinsam an einer Website für einen Kunden. Ein anderer Kunde braucht Tipps aus Textersicht für den Aufbau einer SEO-konformen Navigationsstruktur.

Ich arbeite seit dreieinhalb Jahren als selbstständige Texterin, die längste Zeit davon in Teilzeit. Anfangs, weil ich einen Hauptjob in Festanstellung hatte, seit eineinhalb Jahren, weil ich Mama bin.

Geht das überhaupt, Selbstständigkeit in Teilzeit und mit einem Kind? Wie sieht das (Arbeits-)leben einer sogenannten Mompreneur aus? In diesem Blogpost erzähle ich dir von meinen Erfahrungen und gebe dir Tipps, wie du als selbstständige Texterin und Mama in Teilzeit durchstarten kannst.

Eine Woche im Leben einer Texterin mit Kind

Selbstständige und Mütter haben etwas gemeinsam: Sie haben immer zu wenig Zeit. Deshalb erinnere ich dich: Jede Woche hat genau sieben Tage, jeder Tag 24 Stunden. Als ich nach der Babypause wieder anfing zu arbeiten, hat mich diese Tatsache fertig gemacht. Ich wollte genauso produktiv arbeiten wie früher, hatte aber bedeutend weniger Zeit und war dauernd müde.

Ich musste auf die harte Tour lernen, dass nicht alles möglich ist.

Mittlerweile hat sich das eingependelt und meine Woche sieht im Normalfall so aus:

  • Am Wochenende plane ich die kommende Woche durch. Ich organisiere Kundenprojekte sowie interne Aufgaben wie Marketing, Admin, Akquise etc. mit der App Wunderlist und koordiniere private und berufliche Termine im Google Kalender. (Mehr Tools für Texter findest du auf dem Blog!)
  • Mein Sohn wird zwei bis drei Tage von seinem Papa oder seinen Grosseltern betreut. An diesen Tagen arbeite ich an meinem Arbeitsplatz im Gemeinschaftsbüro oder bin bei Kunden.
  • Wenn es nötig ist, erledige ich kleine Aufgaben während des Mittagsschlafs meines Sohnes oder abends, wenn er im Bett ist. Das ist aber eher Ausnahme als Regel.
  • Ich versuche, ein bis zweimal die Woche zum Sport zu gehen und mir einen bis zwei Abende komplett frei zu halten, um Energie zu tanken. Das brauche ich, um an den übrigen Tagen eine präsente Mama zu sein bzw. als Texterin kreativ und produktiv zu arbeiten.

Meine Arbeitstage starte ich zwischen neun und zehn Uhr und arbeite meine – realistisch geplante – To-Do-Liste ab. Etwa die Hälfte der Stunden geht auf das «Interne-Aufgaben-Konto», die restliche Zeit ist für Kundenprojekte reserviert. Was nie fehlen darf: Tee und eine Mittagspause mit leckerem Essen. Oft nutze ich die Mittagspause, um Freunde oder berufliche Kontakte zu treffen. Meist arbeite ich bis etwa 19 Uhr.

Meine Tipps für dich:

  • Arbeite dann, wenn dein Kind betreut ist.
  • Gönne dir genügend Auszeiten und Pausen, auch wenn die Zeit knapp ist.
  • Finde die richtigen Arbeitshilfen und Tools für dein Zeitmanagement.

Herausforderungen bei der Teilzeit-Selbstständigkeit als Mompreneur

Jede berufstätige Mama kennt es: Job und Kind unter einen Hut zu bringen, ist anstrengend. Das gilt auch für selbständige Texterinnen, die mit einem weiteren Problem kämpfen: Die Aufträge kommen nicht regelmässig ins Haus geflattert. Mal hat man viel zu tun, mal wenig. Ohne Kinder kannst du in intensiven Zeiten deine Arbeitstage einfach verlängern. Mit Kind funktioniert das nicht: Deine Arbeitszeit wird durch die Kinder bestimmt.

Ich brauche viel Zeit, um meine Aufträge zu planen und fühle mich manchmal wie ein Tetris-Spieler, wenn ich versuche, alle Aufgaben in die zeitlichen Lücken zu füllen.

Gerade kleine Kinder brauchen sehr viel Aufmerksamkeit und sie lassen dir kaum Zeit für Entspannung. Ich bin sicher nicht die einzige Mutter, die permanent müde ist – und das wirkt sich natürlich auf den Job aus. Statt motiviert, selbstsicher, produktiv und kreativ zu sein, fühle ich mich manchmal wie vom Bus überfahren. Natürlich kämpfen auch Angestellte mit der Müdigkeit, sie können aber zumindest zwischendurch unter dem Radar fliegen, ohne dass sich das negativ aufs Geschäft auswirkt.

Auch die Finanzen sind für selbstständige Mamas ein rotes Tuch. Zwar bekam ich nach der Geburt meines Sohnes die sogenannte Mutterschaftsentschädigung, sprich einen finanziellen Beitrag während der Zeit meines Mutterschaftsurlaubs (der dauert in der Schweiz 14 Wochen), aufgrund der Berechnungsgrundlagen fiel dieser aber deutlich tiefer aus als bei Angestellten.

Die Mutterschaftsentschädigung ist zudem daran gebunden, dass du nicht arbeitest. Falls du aber ein paar Stunden arbeiten musst, um dein Business am Leben zu erhalten, dann ist fertig mit dem Geld.

Meine Tipps für dich:

  • Trau dich, Aufträge abzulehnen, wenn es zeitlich zu eng wird.
  • Plane genügend Puffer für Unerwartetes ein – sowohl zeitlich als auch finanziell.
  • Verliere nie den Humor. Auch wenn es mal wieder hektisch ist.

Vorteile der Selbstständigkeit mit Kind

Auch wenn ich als Mompreneur mit einigen Herausforderungen kämpfe, bin ich doch sehr glücklich mit der Kombi Selbstständigkeit und Kind.

Das Wichtigste für mich: Ich kann mein Berufs- und Familienleben so gestalten wie ich will. Ich kann entscheiden, wie viel ich arbeite, wo ich arbeite, wann ich arbeite, wie viel Urlaub ich mache und kann dabei auf die Bedürfnisse meiner Familie Rücksicht nehmen.

Natürlich verdienst du weniger, wenn du mehr Urlaub machst. Natürlich wird dein Texter-Business weniger schnell wachsen, wenn du nur ein paar Stunden pro Woche arbeitest. Aber du bist viel freier als Angestellte, die auf Kollegen und die Vorstellungen der Vorgesetzten Rücksicht nehmen müssen.

Darüber hinaus kann ich als Mompreneur gleichzeitig Karrierefrau als auch engagierte Mama sein. Ich bekomme nicht weniger Verantwortung, weil ich Teilzeit arbeite – I’m still the boss. Die meisten Angestellten müssen karrieremässig zurückstecken, wenn sie Teilzeit arbeiten.

Und auch wenn mir das Zeitmanagement manchmal den letzten Nerv raubt: Ich schätze die Flexibilität als Selbstständige sehr, auch und besonders in Bezug auf die Familie. Ich bin dankbar, dass ich einen gesunden Sohn haben und meinen Traumberuf ausüben kann – beides macht mir richtig viel Spass und ich möchte es nicht anders haben.

Wie sieht es bei dir aus?

Bist du auch Mompreneur? Welche Erfahrungen hast du gemacht, was sind deine Herausforderungen und Glücksmomente? Bist du freie Texterin und fragst dich, wie sich dein Business mit einem Kind verändern wird? Ich freue mich auf deine Erfahrungen, Rückmeldungen und Fragen. Ab in die Kommentare damit.

Über die Autorin:

Karin Keller erstellt im abcwerk treffende Texte und überzeugende Konzepte. Wenn sie nicht für ihre Kunden in die Tasten greift, verbringt sie Zeit mit ihrer Familie, träumt von der nächsten Weltreise und sucht nach dem besten Eis von Zürich.

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3 Antworten

  1. Hallo Karin,

    auch ich liebe die Flexibilität als Selbstständige mit zwei kleinen Kids, auch wenn ich mir manchmal ein geregeltes Angestelltenverhältnis wünsche. Aber auch nur manchmal 😉 Als ich noch fest angestellt war, musste ich ständig auf die Uhr schauen, um ja nicht zu spät zum Abholen in der Kita zu sein. Bei Nachmittagsterminen im Geschäft musste ich immer früher gehen oder die Kollegen bitten, das Meeting vorzuverschieben. Das war mir oft unangenehm.

    Nun bin ich selbst der Boss, und das alleine ist es wert. Mompreneur zu sein ist toll, aber man benötigt schon auch viel Energie, um dran zu bleiben und sich selbst immer wieder aufs Neue zu motivieren.

    Ich wünsche dir mit abcwerk weiterhin viel Erfolg!

    Viele Grüße
    Petra

  2. Guten Morgen liebe Karin! Ja, so ist das. Kann ich vieles nur von unterschreiben! Und Du hattest es noch gut wenn Dein Sohn ein paar Tage von Papa oder Großeltern betreut wurde. Das ist ja schon mehr als die meisten haben. Hatte ich auch nicht. Mein Sohn ist nun 9 und es waren harten , wenn auch extrem mittigen und schöne Jahre. Habe zwischen durch immer mal halbe Stelle gearbeitet, aber von familienfreundlich war das alles sehr weit weg, auch wenn sich die Firmen etc. damit teils rühmen: igruselig was ich mir da teils anhören musste! Längst nicht so wie z.B. in Skandinavien oder USA: Habe noch eine Frage: Wie konntest Du Dir denn ein Platz in einem Gemeinschaftsbüro leisten bzw. was heißt das genau ? War das ein shared office space? LG von einer weiteren Mompreneur. Jetzt fleißig am Schreiben mit Textwelle ;O).

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