Lilli Koisser

3 gute Gründe, warum du nicht 8 Stunden pro Tag texten kannst

Bei der Berechnung des Stundensatzes und der Organisation des Alltags machen manche freie Texter (oder auch andere Freiberufler) einen fatalen Fehler: Sie berechnen ihn mit der Annahme, dass sie pro Tag 8 Stunden verkaufen können. Warum dies kaum möglich ist, erläutere ich hier kurz und knackig!

Warum du nicht 8 Stunden pro Tag texten kannst:

1. Als Freiberufler solltest du bis zu 50 % deiner Arbeitszeit für Unternehmer-Aufgaben reservieren.

Ich habe es schon im Beitrag Unternehmer vs. Schreiberling: Machst du diesen Denkfehler als freier Texter? festgehalten: Wenn du selbstständig bist, hast du ein eigenes Unternehmen. Das bedeutet, dass die Selbstständigkeit einen Rattenschwanz an Aufgaben nach sich zieht, die absolut nichts mit dem Texten zu tun haben: Akquise. Marketing. Buchhaltung. Steuern. Bürotätigkeiten. Das ist vielen Gründern am Anfang nicht klar – auch mich hat der Umfang dieser Aufgaben anfangs überrascht.

Diese Aufgaben sind für jeden Unternehmer gleich – egal, ob es ein Bauunternehmer, ein Friseur oder eben ein Texter oder Designer ist. Und: Solange du dich nicht als Unternehmer siehst, siehst du dich automatisch als billigen Zulieferer von Wortmengen, der seine schrecklichen Kunden über Textbroker und andere Jobbörsen gewinnt. Nicht cool und vor allem nicht nachhaltig!

2. Jeder Mensch hat biologische Hochs und Tiefs über den Tag verteilt.

Als Freiberufler haben wir die unglaublich wertvolle Möglichkeit, unseren Tag komplett frei zu gestalten – nach unserem persönlichen biologischen Rhythmus. Genauso wie die REM-Phasen, die wir nachts im Schlaf durchlaufen, besteht auch unser Tag aus einem Rhythmus mit Hoch- und Tiefphasen. Diese Phasen zeigen sich durch wechselnde Leistungsfähigkeit. Wie du deinen eigenen Rhythmus herausfindest, habe ich im Artikel 4 wirksame Strategien für mehr Produktivität im Home Office bereits beschrieben. Du kannst in deinem Energiehoch texten und im Energietief weniger anspruchsvolle Aufgaben erledigen – oder Pausen machen.

Beim Lesen des neuen Buches „Arbeite klüger – nicht härter!“* von Ivan Blatter hatte ich einen großen Aha-Moment: Ich arbeite meist jeden Tag durch (mit einer Mittagspause dazwischen), weil ich möglichst schnell und effizient arbeiten möchte. Wenn wir jedoch keine Pausen machen, sondern durch die Energietiefs hindurcharbeiten, beuten wir unseren Körper und Geist aus. Die Natur hat die Hochs und Tiefs ja extra so angelegt, damit wir in den Tiefs neue Kraft für die Hochs schöpfen können! Wir entziehen uns also selbst die Erholung, die wir gerade jetzt brauchen würden. Das führt dazu, dass

  • wir Kaffee, Red Bull etc. in uns hineinschütten,
  • das nächste Hoch trotzdem weniger intensiv ausfällt, und
  • wir abends total erschöpft und ausgebrannt sind!

Bei Frauen kommt noch hinzu, dass auch ihr Monat von den Hochs und Tiefs des Zyklus geprägt ist. Dazu kann ich dir den Artikel Let’s talk about … Mädchenkram von Um 180 Grad und die Podcast-Folgen 124 und 126 von Die Kunst, dein Ding zu machen empfehlen. Die Quintessenz: Nutze die ersten zwei Wochen nach der Periode für anspruchsvolle Projekte und die letzten beiden für solche, bei denen du dich zurückziehen kannst!

3. Texten ist kreative, hochkonzentrierte Kopfarbeit.

Jetzt mal ganz ehrlich: Kannst du wirklich 8 Stunden lang texten – und dabei die gleiche Qualität abliefern? Das halte ich für ein Gerücht. 😀 Im „Praxisbuch für Freiberufler“* von Svenja Hofert wird sogar davon ausgegangen, dass Texter nur 2 Stunden pro Tag verkaufen können. Das halte ich für ein bisschen wenig, kommt aber natürlich auf deinen Stundensatz an.

Wenn ich so richtig im Flow bin, kann ich maximal 3 Stunden lang durchtexten. Diesen Flow schaffe ich maximal 2 x pro Tag, also insgesamt für 6 Stunden – aber auch nur ab und zu, wenn gerade ein großes Projekt zu erledigen ist! Danach raucht mir aber der Kopf und ich bin für nichts mehr zu gebrauchen. Wenn ich jeden Tag so arbeiten würde, würde ich geradewegs auf ein Burnout zusteuern. Ich habe mich doch nicht selbstständig gemacht, um mich zu Tode zu arbeiten!

Was wir auch nicht vergessen sollten: Texte sind wertvoll! Gute Texte können nicht wie am Fließband rausgehauen werden. Sie sind ein Stück unserer Lebenszeit, unseres Wissens, unserer Erfahrung und unseres Könnens.

Texte sind kein Massenprodukt, sondern aufwändige Maßarbeit!

Und dafür solltest du auch genügend Honorar verlangen.

Wie viele Stunden verkaufst du pro Tag an Kunden? Machst du genügend Pausen während des Tages? Und stimmst du deine Tätigkeiten auf deinen Zyklus ab? Hinterlasse mir unten gerne einen Kommentar dazu!

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23 Antworten

  1. Auf die Gefahr hin, dass ich mich ein bisschen fanatisch anhöre: Ich war dieses Jahr schon zweimal dort. 😀 Und mein Leben hat sich seitdem ziemlich verändert – sieh an, ich arbeite an einer Selbstständigkeit. 😉 Also, hör aufs Universum! So, und nun lass ich dich in Ruhe mit Kommentaren, du hast bestimmt alle Hände voll zu tun. Danke für deine liebe Nachricht!

  2. Hallo Lilli,

    also ich bin da bisher sehr analog unterwegs und trage mir in meinen Kalender ein, was ich am Tag gemacht habe und bei Kundenprojekten auch, wieviel Stunden ich gebraucht habe. Allerdings bin ich mit dieser Lösung nicht ganz zufrieden. Ich probiere jetzt ein paar Tools aus, die automatisch tracken, was ich am Rechner so treibe. Wenn ich zu einem Schluss gekommen bin, kann ich dir gerne eine Rückmeldung geben 🙂

    Liebe Grüße

    Elise

  3. Hallo Rabea,
    vielen lieben Dank für deine Worte! 🙂 Ich würde am liebsten alles kostenlos rausgeben, aber in Zukunft wird es auch Bezahlprodukte geben. Für den Energieausgleich und so. ;D
    Was du beschreibst, hört sich wie ein guter Prozess an, um einzusteigen. Du machst das genau richtig!
    Haha, das Thema ist gerade brandaktuell bei mir! 😀 Ich möchte schon länger zu Christian Bischoff, letzte Woche war eine Texter-Kollegin beim Seminar in Bielefeld, auf einem anderen Podcast bekam ich einen Gutschein-Code … Das Universum will, dass ich hingehe! 😉
    GLG Lilli

  4. Hallo Michael,
    danke, das ist ein guter Punkt! Ich habe in einem anderen Artikel schon mal beschrieben, wie sich Ablenkungen auf die Konzentration auswirken – und dass ich Handy, E-Mails, Social Media etc. beim Schreiben deaktiviere. Das Buch hört sich toll an, danke für den Tipp!
    LG Lilli

  5. Hallo Elise, danke! 🙂 Ja, das stimmt: Von Textart zu Textart gibt es nochmal große Unterschiede. Toller Input!
    Ich nehme mir für die ersten zwei Tage der Periode auch immer frei, weil ich einfach nichts gebacken bekomme. 😀
    Ich trage alles in meinen Google Calendar ein: Kundenaufträge, wann ich E-Mails bearbeite und in Social Media unterwegs bin, etc. Und du?
    LG Lilli

  6. Hi, Lilli! Ich bin noch ganz neu hier und lese jeden deiner Artikel. Ich habe in den letzten Wochen unglaublich viel durch deine Webseite gelernt – danke, dass du so viel davon gratis zur Verfügung stellst und dein Wissen teilst. Du bist ein Vorbild! 🙂

    Ich texte noch nicht offiziell – stecke gerade die Zehen ins Wasser, arbeite an meiner Webseite, gehe durch Trial-and-Error-Prozesse. Bin hauptberuflich Angestellte. Ich kann gut drei Stunden am Stück an Texten arbeiten, wenn ich in einer Hochphase bin – dafür geht in den Tiefs nicht mal eine halbe Stunde. Schön, dass es mal jemand ausspricht und klarstellt, dass das mit Faulheit nichts zu tun hat.

    Besonders neugierig bin ich jetzt aber geworden, weil du den Podcast von Christian Bischoff erwähnt hast. Hey, Gewinner! 😀 Warst du schon mal beim Seminar? Falls nicht, große Empfehlung von mir!

    Liebe Grüße aus Berlin
    Rabea

  7. EINE ERGÄNZUNG
    … zu den sehr gut aufbereiteten Punkten, die ich aus eigener Erfahrung ohne Abstriche unterschreiben kann:
    Ein zusätzlicher Zeiträuber für die echten Text-Kreationszeiten ist Ablenkung: Wenn wir, um gut erreichbar zu sein, beim Schreiben am Rechner alle Kontaktkanäle offen lassen (bei mir sind es mindestens 7!), dann werden wir immer wieder aus dem Fluss gerissen. Der geistige Themenschwenk kostet jedes Mal (!) ein, zwei, drei Minuten mehr.
    Aber das lässt sich zum Glück vermeiden oder zumindest drastisch reduzieren. Cal Newports Buch „Konzentriert arbeiten“ zeigt, wie das geht – nachdem das Problem in leuchtenden Farben dargestellt wurde. Ich schalte inzwischen bei wichtigen Jobs alle Benachrichtigungsfunktionen aus.

  8. Liebe Lilli, danke für diesen Artikel! Ich merke, dass meine Schreibzeit auch sehr davon abhängt, welche Art von Text ich schreibe. Ein Newsletter (der unterhalten soll) geht mir zum Beispiel leichter von der Hand als ein Werbetext, den ich nach und nach verdichte und verfeinere. Da brauche ich viel mehr Pausen zwischendurch und bin nach 3 Stunden fertig mit der Welt und hab das Gefühl, meine Kreativität für den Tag aufgebraucht zu haben.
    Die Sache mit dem Zyklus ist spannend, da werde ich in nächster Zeit verstärkt drauf achten. Bisher kann ich dahingehend nur sagen, dass ich für die ersten zwei Tage der Periode nichts wichtiges einplane. Wenn ich mich nicht wohlfühle oder sogar Schmerzen habe, dann bin ich sowieso nicht sonderlich produktiv. Warum sich also quälen und am Ende des Tages ein schlechtes Gewissen haben, weil es nicht gut lief.
    Benutzt du eigentlich Tools für die Zeiterfassung?

    Liebe Grüße

    Elise

  9. Danke Carolin! 🙂 Ich halte das für eine so wichtige Erkenntnis, da unser Leben von der Pubertät bis zur Menopause davon geprägt ist. Das wäre mal definitiv einen eigenen Artikel wert! Frauen haben z. B. zu einem bestimmten Zeitpunkt im Zyklus weniger mathematische Fähigkeiten, dafür sollten sie rund um den Eisprung auf der Bühne stehen oder Workshops und Präsentationen planen, da sie sich da gerne zeigen und viel Energie haben. So spannend! 😀

  10. Liebe Juliana, vielen Dank! 🙂 Das ist auch etwas, an dem ich noch stark arbeiten muss. Heute bin ich z. B. wieder von 9 bis 19 Uhr am Laptop gesessen! ?
    Dir auch viel Erfolg und alles Liebe,
    LG Lilli

  11. Endlich mal jemand, der den Zyklus in seine Arbeit mit einberechnet! (Wobei, wahrscheinlich machen wir das alle irgendwie, nur redet keiner darüber). Ich merke auch, dass bei mir die letzten zwei Wochen immer von Nörgeligkeit und wenig Fokus geprägt sind – und berechne das in meine Kommunikation ein. Ich kann viele meiner Projekte zeitlich nicht wirklich hin- und herschieben, weil ich auf wöchentlicher Basis Artikel liefere. Aber ich weiß, wann ich auf Feedback etwas zu emotional reagiere. Und dadurch kann ich das auch besser einordnen und damit arbeiten – bevor ich aus Versehen meine Kunden anzicke.

    Ansonsten arbeite ich nicht wirklich mit festen Arbeitsstunden. Ich setze mir für jeden Tag ein Ziel und dann dauert das eben so lange, wie es dauert. Effektiv schreibe ich vielleicht drei bis fünf Stunden am Arbeitstag – unterbrochen von zahlreichen Denkpausen und Tiefphasen.

  12. Hallo Lilli!
    Wieder ein toller Artikel, danke 🙂
    Ich dachte am Anfang auch, dass wenn man als Texter acht Stunden am Tag arbeitet, diese acht Stunden zum Texten da sind. Als ich mich dann selbstständig gemacht habe, wurde mir dieser Zahn dann extrem schnell gezogen… Aus Erfahrung kann ich jetzt sagen, dass 90 Minuten bis zwei Stunden recht gut gehen. Bei mehr schweife ich dann immer öfter ab, und wundere mich beim Korrekturlesen woher dieser Buchstabensalat kommt… Ausnahmen gibt’s zwar bei super spannenden Projekten aber das ist nicht die Norm.
    Das mit den Pausen fällt immer noch schwer. Man will ja so viel wie möglich schaffen und es gibt immer was zu tun… aber was ich dabei zu oft vergesse, ist dass meine Arbeit dann leidet und ich nichts mehr von meiner Freizeit habe. Langsam kann ich das besser und merke echt den Unterschied. Werde auf jeden Fall weiter daran arbeiten…
    Dir auch weiterhin viel Erfolg 🙂
    Liebe Grüße,
    Juliana

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