Lilli Koisser

Unternehmer*in vs. Schreiberling: Machst du diesen Denkfehler als Freelance-Texter*in?

Weißt du, warum du noch nicht vom freien Texten leben kannst? Warum du keine oder keine guten Kunden gewinnst? Warum du immer an unmögliche, unhöfliche und unprofessionelle „Unternehmer“ gerätst – die dich am Ende vielleicht gar nicht bezahlen können oder wollen?

Du machst einen Denkfehler: Du siehst dich selbst als Freelancer / Zuarbeiter / freier Mitarbeiter / billige Arbeitskraft.

Du bist aber ein Unternehmer!

Wenn du dich noch immer wie ein Angestellter verhältst, werden deine Kunden dich auch so behandeln, als wären sie dein Chef. Und das sind sie nicht – sie sind deine Kunden. Sie kaufen eine wertvolle Leistung von dir.

Wie schaffst du jetzt das Umdenken, den Sprung vom Schreiberling ohne Selbstvertrauen zum erfolgreichen Unternehmer? Prüfe nach, ob du diese 7 Kriterien schon erfüllst!

 

Checkliste: Bist du ein Unternehmer?

 

1. Unternehmer haben ein Unternehmens-Mindset.

Siehst du dich selbst überhaupt als Unternehmen? Bitte lies dir unbedingt meinen Mindset-Artikel durch. Ich weiß, dass Dinge wie Mindset und Einstellung langweilig sind – du willst lieber lesen, wie du X neue Kunden in Y Tagen gewinnst und Z Euro verdienst. Die Antwort darauf liegt aber ausschließlich in deinem Mindset!

Ein wichtiges Merkmal eines freien Dienst- oder Werkvertrags ist übrigens, dass du dem Auftraggeber gegenüber nicht weisungsgebunden bist. Das bedeutet, dass du selbst bestimmst, wo, wann und wie viel du zu welchem Preis arbeitest. Oder auch, ob du einen Auftrag annimmst oder ablehnst. Das bestimmt nicht die Kundin! Nicht vergessen: Du bist nicht ihr Angestellter, und sie ist nicht dein Boss.

Tipp: Übe dich darin, Nein zu sagen! Nein zu niedriger Bezahlung. Nein zu unhöflichen Kunden. Nein zu Anfragen, die nicht zu dir passen.

 

2. Unternehmer machen Marketing.

Mach nicht den Fehler, Akquise mit Marketing zu verwechseln. Dich tagtäglich auf ausgeschriebene Texter-Jobs zu bewerben, ist kein Marketing. Im Grunde genommen ist es nicht mal Akquise – es ist freiwillige Sklaverei. Wenn du dich auf diese Cent-pro-Wort-Jobs bewirbst, verläuft die ganze Zusammenarbeit mit dem Kunden nur über die Preisschiene. Da ist es eigentlich nicht verwunderlich, dass am Ende eine riesige Katastrophe rauskommt. Du solltest dich über den WERT deiner Texte verkaufen, und nicht über den Preis. Das bedeutet, dass Kunden dich und dein Unternehmen auch als wertvoll wahrnehmen müssen!

Als Unternehmen brauchst du daher:

  • Einen Firmennamen
  • Ein Logo
  • Visitenkarten
  • Eine Website
  • Eine Facebook-Seite

Und zwar nicht vom Grabbeltisch oder aus den 80ern, sondern in einem modernen, ansprechenden Design. Du darfst nicht vergessen, dass deine Texter-Website im Prinzip ein Online-Shop ist: Du möchtest, dass wildfremde Menschen dich über deinen Webauftritt buchen. Der potenzielle Kunde muss also online Vertrauen zu dir und deinem Service gewinnen. Das wird nicht passieren, wenn deine Website ihn abschreckt – durch verwirrende Menüführung, hässliches Design oder ein unklares Angebot. Und sogar, wenn deine Website nur „ganz nett“ ist, wird der Kunde wahrscheinlich weiterziehen. Dein Ziel muss sein, Begeisterung hervorzurufen!

Mit einem Klick ist der potenzielle Kunde, der sogar aktiv nach dir bzw. deinem Angebot gesucht hat, sonst schon wieder weg – und er kommt wahrscheinlich auch nie wieder. Durch dieses schnelle Wieder-Verlassen deiner Website – das Google mit der „Bounce Rate“ misst – rutscht deine Website im Ranking bei Google immer weiter nach unten. Schließlich signalisieren die User Google, dass sie auf deiner Seite nicht das gefunden haben, was sie suchen!

Tipp: Beschäftige dich mit Themen wie Usability, User Experience und Conversion, um deine Website zur Verkaufsmaschine zu machen. Eine gute und leicht verständliche Quelle ist der Blog von Unbounce.

 

3. Unternehmer investieren in ihr Unternehmen.

Hast du schon mal von einem Texter gehört, der sich einfach dachte „So, jetzt bin ich selbständig!“ und daraufhin über Nacht erfolgreich wurde? Ich auch nicht! Du musst sowohl Zeit als auch Geld in dein Unternehmen investieren, um es profitabel zu machen.

Ich weiß, dass es schwierig ist, sich um dein Business zu kümmern und auch noch Geld in die Hand zu nehmen, wenn du vielleicht eh schon aus dem letzten Loch pfeifst – zeitlich und finanziell. Trotzdem wirst du nicht drum herum kommen – auch Ausreden werden dich kein Stückchen näher ans Ziel bringen.

Unternehmer investieren in:

  • ihren Unternehmensauftritt,
  • ihre Ausbildung und Weiterentwicklung,
  • Unterstützung von außen (Outsourcing),
  • Tools und Programme sowie
  • Werbung und Marketing.

Diese Maßnahmen versprechen Wachstum für dein Business. Wenn ich höre, was große Blogger und Online-Unternehmer z. B. in Facebook Ads, Coaching oder Kurse investieren, bläst es mir die Ohren weg! 😀  Dafür bekommen sie aber natürlich auch dementsprechend mehr wieder heraus, sonst würden sie das Geld da ja nicht reinstecken. #logisch

Weißt du, was ich mir von meinem Ersparten und meinem ersten Honorar als freie Texterin gekauft habe? Ein MacBook Air. Dieses verwende ich bis heute. Hat es weh getan, dass das Geld sofort wieder weg war? Ja. Hat es sich gelohnt, dieses Investment zu machen? 100 %. Als ich letztens meinen alten Laptop hervorholte, um nach alten Fotos zu kramen, bin ich fast wahnsinnig geworden bei der Bedienung. Niemals hätte ich mein Business mit dem ollen Teil aufbauen können!

Als ich als Au Pair in Boston gelebt habe, habe ich einige Wochen lang, neben den 40 – 50 Stunden Kinderbetreuung pro Woche, einen größeren Text-Auftrag für einen ehemaligen Studienkollegen erledigt. Tag und Nacht saß ich an doofen Produktbeschreibungen. Warum? Weil ich unbedingt einen Schreibkurs an der Harvard Extension School belegen wollte. Es tat ebenfalls weh, als das hart erarbeitete Geld gleich wieder weg war! Das bedeutete einen Städtetrip mit den anderen Au Paris weniger, ein paar Wochen lang nicht in die Mall zu fahren, keine neue Kleidung und keinen Starbucks-Kaffee mehr zu kaufen. Was mir langfristig mehr gebracht hat, errätst du bestimmt.

Was ich ebenfalls von Anfang an hatte, war meine Texter-Website. Ich habe dafür kein Geld ausgegeben, sondern ein Gegengeschäft mit einem befreundeten Webdesigner gemacht: Texte gegen Webdesign. Das hat wunderbar funktioniert! Heute, 4 Jahre später, haben aber schon ganz viele Dienstleister die Marktlücke „WordPress installieren / Website erstellen“ entdeckt und bieten das Service zu absolut leistbaren Preisen an. Wenn du dir eine virtuelle Assistentin checkst, die sich damit auskennt, bleibst du damit vermutlich unter 100 Euro. Dann spielst du dich ein bisschen mit den Widgets, Pages und Posts rum, und fertig. Die Website, auf der du gerade bist, habe ich nach der Installation von WordPress und dem Theme durch eine Webdesignerin übrigens komplett selbst gestaltet – und ich bin bestimmt keine Programmiererin.

Tipp: Überlege dir ein monatliches Budget, das du in dein Unternehmen reinvestieren möchtest (10 %? 20 %? 30%?). Und: Tigere dich in deine WordPress-Website rein. Du kannst hunderte Tutorials lesen oder anschauen – wenn du dich nicht irgendwann einloggst und anfängst, zu basteln, wird sich nichts tun.

 

4. Unternehmer berechnen ihren Erfolg.

Auch die Rechnerei und das strategische Planen liegen vielen Schreibern nicht. Das ist absolut verständlich, ich mag es auch nicht besonders. Aber wie gesagt: Wenn du ein Unternehmen hast – und das hast du als Freiberufler – musst du auch Dinge tun, die dir nicht so am Herzen liegen oder dich vielleicht sogar nerven.

Wenn ich sehe, wie sich manche Texter nicht mal bewusst sind, dass sie unter dem Mindestlohn arbeiten, möchte ich sie schütteln und „Aufwachen!“ rufen. Setz dich nächstes Wochenende hin und wirf mal einen ganz genauen Blick auf deine Finanzen: Wie viel Geld brauchst du monatlich privat? Beruflich? Wie viele Stunden / Projekte verkaufst du pro Monat? Wie hoch sollte daher dein Stundensatz sein? Wie viel Geld musst du dir pro Monat für Steuern und Versicherung auf die Seite legen? Ein tolles Tool zur Finanzplanung findest du bei Karen Unfug!

Tipp: Im Zuge dieses Checks solltest du auch deine Kundenliste durchgehen: Wer bringt dir die meisten Umsätze ein? Und mit wem hast du nur Scherereien und bekommst dafür einen Hungerlohn? Feuere die Kunden, die dir Energie und Umsatzpotenzial stehlen!

 

5. Unternehmer sind organisiert.

Ein Teil der Freelancer-Falle: Das unorganisierte In-den-Tag-hineinleben. In-die-Woche-hineinleben. In-den-Monat-hineinleben. Erfolg ist planbar! Mache dir eine Monats-, Wochen- und Tagesplanung und setze dir Ziele. Wie viel Umsatz willst du pro Monat machen? Wie viele Stunden willst du pro Woche verkaufen? Welches Kundenprojekt oder welche Marketing-Aktivität für dich selbst willst du heute erledigen? Trage dir alles in einen einfachen Google Kalender ein, und halte dich dran.

Hast du fixe Arbeitszeiten, die du vielleicht sogar – so wie ich – Öffnungszeiten nennst und an deine Kunden auch so kommunizierst? Wendest du Produktivitätstechniken an? Wie organisierst du deinen Arbeitsalltag? Wo heftest du deine Rechnungen ab? Wo sammelst du die Briefe vom Finanzamt? Wie oft checkst du während deiner Arbeitszeiten Facebook? Wo hältst du fest, was du wann bezahlen musst? Organisiere dich! Wenn alles glatt läuft, kannst du dich mehr aufs Schreiben konzentrieren.

Auch nach außen brauchst du einen Prozess. Wenn mir ein neuer Kunde eine Anfrage schickt, sende ich ihm zuerst meine Preisliste. Ist er mit den Preisen einverstanden und möchte das Projekt buchen, schicke ich ihm mein Texter-Briefing und meine zeitliche Verfügbarkeit. Stehen das Briefing und der Zeitrahmen, werden nochmal alle Details der Zusammenarbeit schriftlich in einer Mail festgehalten, und ich trage das Projekt im Kalender ein. Dann setze ich es zum vereinbarten Zeitpunkt um und gebe es fristgerecht vor der Deadline ab. Fertig! Um diesen Prozess zu entwicklen, hat es aber ein paar Jahre voll von Missverständnissen, Zeitproblemen und unnötigem Stress gebraucht. Erspare dir das und organisiere dich von Anfang an!

Tipp: Keine Angst, zu forsch aufzutreten – Kunden lieben Regeln und Prozesse! Es zeigt, dass du Erfahrung hast und weißt, was du tust.

 

6. Unternehmer verhalten sich professionell.

Es reicht als Unternehmer nicht, wenn du gut schreiben oder dich gut verkaufen kannst. Was viel entscheidender ist, ist dein professioneller Umgang mit dem Kunden. Bist du unhöflich, ungeduldig, unzuverlässig, weinerlich oder emotional? Dann darfst du dich nicht wundern, wenn niemand mit dir arbeiten will.

Das Logo für diese Website habe ich online bei einem Etsy-Shop aus Großbritannien erstellen lassen. Und auch wenn es mir wahnsinnig gut gefällt, werde ich dort nicht wieder bestellen. Meine E-Mails wurden tagelang nicht beantwortet, bzw. meine letzte sogar ignoriert, und immer gab es irgendwelche Notfälle, die das Projekt verzögerten (sie war krank, dann zog sie gerade um, dann musste ihr Sohn plötzlich ins Krankenhaus. etc.).

Für so etwas habe ich keine Zeit und keine Nerven. Selbst, wenn sie diese ganzen Zwischenfälle wirklich hatte – und oft merkt man einfach intuitiv, wenn man angelogen wird – muss sie ihre Planung eben großzügiger gestalten, damit solche Engpässe sie nicht sofort aus der Bahn werfen. Ihre ganze Kommunikation hatte den Vibe, dass sie total überfordert und unzuverlässig ist. Ich fühlte mich ein wenig verarscht und einfach nicht gut aufgehoben und betreut.

Ich sage nicht, dass du dich wie ein Roboter verhalten sollst, oder dass das Business immer an erster Stelle kommt. Authentische Kommunikation kann dich sogar viel weiter bringen, als Notlügen zu erfinden oder um den heißen Brei herumzureden. Was ich aber betonen will, ist, dass du SACHLICH bleiben musst. Deine persönlichen Befindlichkeiten und Probleme haben im Business nichts verloren. Schreibe lieber „aus familiären Gründen“, anstatt dem Kunden gleich deine ganze Lebens- und Leidensgeschichte zu unterbreiten.

Auch ein Bitte, Danke oder „Schönen Tag noch“ sollte ganz selbstverständlich dazugehören. Bei manchen Textern lassen die Umgangsformen arg zu wünschen übrig – jedes Business ist aber ein People Business. Wenn du deine Kunden menschlich nicht überzeugen kannst, ist es wurscht, ob du der beste deutschsprachige Texter der Welt bist. Du wirst keinen Erfolg haben!

Tipp: Überprüfe jede Kommunikation nach außen – E-Mails, Social-Media-Postings, Kommentare – auf ihre Professionalität und Sachlichkeit. Wie würde es rüberkommen, wenn du IKEA oder H&M wärst und diesen Text versenden würdest? Was diese Unternehmen sich nicht erlauben können, kann sich dein Mini-Unternehmen auch nicht leisten.

 

7. Unternehmer bieten guten Kundenservice.

Es ist 5 bis 7 Mal billiger, einen bestehenden Kunden zu halten, als einen neuen zu gewinnen. Wenn du immer nur den Kreislauf aus Kunde gewinnen -> einmaligen Auftrag abarbeiten -> neuen Kunden gewinnen -> wieder einmaligen Auftrag abarbeiten durchläufst, wirst du ganz schnell ausbrennen – und deine Umsätze sind auf diese Weise wenig planbar. Achte darauf, einen einmal gewonnenen Kunden auch zu halten!

Auch die zeitgerechte Erfüllung von Deadlines muss selbstverständlich sein. Bei vielen neuen Kunden habe ich das Gefühl, dass sie schon gar nicht mehr davon ausgehen, dass sie ihre Texte pünktlich von mir bekommen werden – so schlecht dürfte der Ruf von freien Textern schon sein. Ist es wirklich so schwierig, eine Frist einzuhalten und dementsprechend rückwärts zu planen?

Tipp: Überlege dir, wie du alle deine Projekte und Deadlines im Blick behalten kannst – mit einem Kalender, einer To-Do-Liste, Post-Its an der Wand? Und: Welche Kundenservice-Tricks kannst du dir von großen Unternehmen abschauen?

 

So, das war jetzt wieder ordentlich Input für deine Texter-Karriere! 😀  Wie immer liegt der erste Schritt darin, keine eierlegende Wollmilchsau mehr zu sein, sondern dich zu spezialisieren. Ich habe meine Nische (freie Texterin für Content Marketing) sogar in meinen Unternehmensnamen (LILY Text & Content) integriert!

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26 Antworten

  1. Danke Sabine! Das stimmt, die Kunden müssen sich dessen genauso bewusst sein. Aber ich sehe es auch als unsere Aufgabe, uns so zu präsentieren und ganz selbstverständlich die Behandlung einzufordern, die wir uns wünschen und verdienen. Das ist eigentlich in jedem Lebensbereich so: In Partnerschaften, Freundschaften etc…
    GLG Lilli

  2. Sehr wahr! Aber eigentlich müssen die Auftraggeber diesen Beitrag lesen, nicht die Texter 😉 Ich habe schon zwei Auftraggebern contra gegeben, die mir dann als Antwort die lange Zusammenarbeit aufgekündigt haben. Aus einer guten Kooperation war nach und nach ein „Ich sag Dir, wie und wann Du es machen sollst“ geworden. Leider ist das ein schleichender Prozess und man muss gut aufpassen, dass der sich nicht verselbständigt.

    Danke vielmals für die wertvollen Tipps!
    LG Sabine

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